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BormSymposium:
Zukünftige wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen für KMU

   


Es gibt wohl nicht manchen Begriff, der in den letzten 15 Jahren im Bereich Wirtschaft, Politik und Gesellschaft so viel verwendet wurde wie die Abkürzung KMU. Und wenn man eine Meinungsumfrage über Kurzbegriffe erstellen liesse, gehörte wohl das Kürzel KMU zu den Geläufigsten. Die angesprochenen Leute wüssten wohl auch, was die drei Buchstaben bedeuten.
In der Schweiz existieren über 280'000 KMU. Diese sind punktweise auf fast die ganze Fläche von ca. 41'000 km2 verteilt. Wenn Sie, meine Damen und Herren, in ihrem Kopf versuchen, diese 280'000 KMU aufzugliedern nach Branchen, Grössen und Standorte – Frau Birkenbühl wird Ihnen nachher sagen, wie Sie ihr Hirn dazu das am rationellsten einsetzen - dann können Sie sich vorstellen, dass es unmöglich sein wird, - um zum Titel meines Referats zu kommen - absolute Aussagen zu machen, die für alle diese annähernd 300'000 Betriebe zu 100% zutref-fen. Ich verstehe also meine Aufgabe darin, ein paar grundsätzliche Ueberlegungen anzustellen und den Rahmen auch etwas auszuweiten. Ich werde versuchen, die künftigen Herausforderungen nicht à priori nur als Gefahr, sondern vielmehr auch als Chance darzustellen.
Persönlich vertrete ich als Inhaber einer Schreinerei eine der annähernd 300’000 KMU. Dabei ist mein Betrieb einer der 250'000 sog. Microbetriebe mit weniger als 10 Angestellten. Seit nunmehr über 30 Jahren führe ich in Romoos LU, zusammen mit meiner Frau eine Schreinerei mit 3 Mitarbeitern und 2 Lehrlingen.
In der Eigenschaft als Kleinunternehmer, domiziliert in einer Randregion, habe ich also in den letzten drei Jahrzehnten die Veränderungen im wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftliche Umfeld - direkt betroffen - miterlebt.
Abgestützt auf meine unternehmerischen Erfahrungen einerseits, und auf die politische Tätig-keit anderseits, versuche ich in der Folge auf das Thema im Titel einzugehen und halte einleitend fest:
Ich gehe einig mit vielen Fachleuten, die behaupten, dass die KMU das Rückgrat der CH - Volkswirtschaft darstellen. Ich rede bewusst von der Volkswirtschaft, also von der Nationalökonomie und nicht allein von der Oekonomie. Weil ich weiss – und das nicht erst seitdem ich die Politik aktiv mitzugestalten kann - dass ein grosses gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen KMU und Staat besteht.
Das wissen diese beiden Partner sehr wohl. In seinem eigenen Interesse muss es den Staat also dazu verleiten, eine gute Politik für eben diese KMU zu machen. Und anderseits sind die KMU ebenso daran interessiert, dass sie im Staat einen verlässlichen Partner haben, der keinesfalls schwach, aber auch nicht übermächtig zu sein braucht.
Meine Ausführungen teile ich in vier Bereiche auf:
1. Die CH Wirtschaft und die globale Entwicklung
2. Standortbestimmung der KMU in der Schweiz
3. Chancen und Herausforderungen
4. Schlussbemerkung

1. Wie hat die CH Wirtschaft die globale Entwicklung der letzten 20 Jahre erlebt ?
Unser Bruttoinlandprodukt hat sich zwischen 1990 und 96 kaum verändert. Danach ist es kurzfristig – ungefähr im Gleichschritt mit den übrigen Industrienationen - gewachsen, um seit 2002 wieder zu stagnieren. Zum einen sind es binnenwirtschaftliche Hintergründe, die zu einer Abflachung des Wachstums führten. Zu den Begleitumständen gesellten und gesellen sich die Probleme der Weltwirtschaft, die sich, je nach Branche und Standort, in einem steten Auf und Ab bewegte. Diesem Branchentrend konnte und kann sich die Schweizer Wirtschaft unweigerlich nicht entziehen. Als aktuelles Beispiel dient etwa die jüngste Preisentwicklung im Treib-stoffbereich.
Die grösste Herausforderung erlebten unsere Betriebe vermutlich im Finanzbereich. Die Konjunktur- und Strukturflaute hat bei über der Hälfte der Schweizer KMU zu akuten Liquiditätsproblemen geführt. Die rasche Oeffnung der Weltmärkte und die damit verbundene Verschärfung des Wettbewerbes haben auf die Margen gedrückt. Parallel dazu konnten die Kosten nicht im gewünschten Ausmass gesenkt werden. Das führte zu unbefriedigenden Ergebnissen. Dazu gesellte sich im ungünstigsten Moment noch ein hoher Wertberichtigungsbedarf im Immobilienbereich. Und trotzdem haben - im Unterschied zu den Grossen, welche ihre Aktivitäten in der gleiche Situation entweder eingestellt oder ausgelagert haben - die KMU ihre Betriebe auf-recht gehalten. Sie haben also in der Rezessionszeit der 90er Jahre und auch in der allerjüngsten Vergangenheit eine eigentliche Pufferfunktion ausgeübt. Profitiert davon hat die Allgemeinheit, unsere Volkswirtschaft, die ganze Gesellschaft. Hätten die KMU sich gleich verhalten wie die Grossen, die Arbeitslosigkeit in der Schweiz wäre mit Sicherheit zu grösseren Spitzenzahlen gekommen. Man darf mit Recht behaupten, dass in den schwierigen 90er-Jahren unsere Volkswirtschaft von den KMU vor einem noch tieferen Fall gerettet wurde. Die Kosten dazu waren für die KMU hoch, z. T. zu hoch. Diese Aussage ist eine Allgemeine; sie gilt sicher nicht für alle Branchen im gleichen Mass.
2. Standortbestimmung
Vor allem die Mobilität hat zu einem neuen gesellschaftlichen Verhalten geführt. Wenn ich von Mobilität rede, meine ich zum einen die physische; eben jene, die Menschen und Güter rasch von einem Ort zum andern bringt. Die andere Mobilität ist die virtuelle, die uns mit den modernen Mitteln der Technik auf verschiedenste Arten miteinander in Verbindung hält.
Infolge der jüngsten Unwetterkatastrophe war ich die beiden letzten Wochen vom Breitbandnetz abgehängt – weder Internet noch Mail funktionierten – bereits nach einer Woche kam ich mir nur noch zur Hälfte informiert vor. Es war mühsam und erleichternd zugleich.
Also, wir sind heute in einem Netz von Kommunikationsmöglichkeiten gefangen. Das führt einerseits zu einem immensen Datenaustausch und zu fast unbegrenzten Möglichkeiten der Kommunikation. Anderseits ist unsere Gesellschaft - und das ist das Phänomen am Ganzen – gleichwohl und zusehends anonymer geworden. Das wiederum führt dazu, dass der Mensch sich nach neuen Möglichkeiten sehnt und diese auch sucht. Man stellt fest, dass sich - gerade aus dieser Tendenz heraus - ein neuer Zeitgeist entwickelt. Nicht mehr materielle Werte allein sind gefragt. Die Lebensqualität an und für sich ist wieder ein Begriff geworden. In der neuen Weltordnung der Globalisierung und Gewinnmaximierung ist eine gewisse Rückbesinnung in diese Richtung durchaus erstrebenswert.
Wie stellt sich nun die Situation der KMU vis à vis dieses beschriebenen Umfeldes dar. Ich habe in der Einleitung die Schwierigkeiten der 90er Jahre erwähnt. Diese wurden natürlich nicht nur von den betroffenen Firmen wahrgenommen. Auch die Politik und die Gesellschaft haben darauf reagiert. Der Stellenwert der KMU wird wieder vermehrt geschätzt. Ein Ausbildungsplatz für einen Lehrling bspw. zählt wieder etwas. Eine Servicedienstleistung eines Unternehmens in einem Dorf wird nicht mehr als zweitrangige „Flickarbeit“, sondern als Dienst am Kunden wahrgenommen. Vor allem aber sind es die Arbeitsplätze an und für sich, welche auf Grund der gemachten Erfahrungen in den letzten 15 Jahren einen viel höheren Stellenwert in unserer Gesellschaft erhalten haben. Die gegenwärtige Diskussion etwa über die Personen-freizügigkeit mit der osterweiterten EU bestätigt diese These geradezu eklatant.
Persönlich habe ich in diesem angesprochenen Zeitraum der letzten anderthalb Jahrzehnte – natürlich auch auf Grund meines Engagements in der Politik - viele Kontakte zu Wirtschaft und Gesellschaft aufgebaut. Und dabei spüre ich immer wieder ein Wellental, in dem sich die einzelnen Betriebe befinden. Je nach Branche und Region sind die Erwartungen in die Zukunft verschieden. Und damit wäre ich beim dritten, dem Hauptteil meines Referates angelangt.

   
3. Chancen und Herausforderungen für die KMU
Aus all den gemachten Erfahrungen, und basierend auf meinem persönlichen Wirtschafts- Staats- und Gesellschaftsverständnis, komme ich zu sieben Punkten, die mir für die Zukunft wesentlich erscheinen.
1. Basierend auf der Erkenntnis, dass im Grundsatz die Marktwirtschaft die einzig richtige Form volkswirtschaftlichen Handelns ist, gilt es folgendes zu bedenken und einzu-schränken: Weltweit absolut freie Marktwirtschaft in Reinkultur, ohne soziale und ökologische Verantwortung, verkommt auf den globalisierten Märkten zur Planwirtschaft des Kapitals. In diesem Bereich haben Organisationen wie GATT und WTO, insbesondere und in Zukunft vermehrt auch die UNO noch sehr viele Hausaufgaben zu machen. Es kann nicht sein, dass mit bedingungslosem Freihandel das Nord – Süd - Gefälle noch zunimmt und im Gegenzug die Industrienationen die Korrekturen schliesslich via milliardenschwere Schuldenerlasse gegenüber den ärmsten Staaten vornehmen. Schuldenerlasse sind bekanntlich bilanzwirksam und belasten den eigenen Haushalt.
2. In diesem Umfeld haben auch die KMU ihre Hausaufgaben zu machen. Es gibt keine pauschalen Patentrezepte. Aber es gibt elementare Grundregeln. Und diese werden halt immer und immer wieder missachtet. Wer bspw. über eine längere Periode nicht kostendeckend wirtschaftet, der darf die Alarmglocke nicht abschalten, bevor er wieder in der Gewinnzone steht.
3. Es sind vielfach nicht Mängel in der berufsspezifischen Qualifikation der KMU – wir haben in der Schweiz nach wie vor einen sehr hohen fachkundlichen Standart auszuweisen - welche zu unbefriedigenden Ergebnissen führen. Verantwortlich sind häufig ungenügende kaufmännischen Kenntnisse und die fehlende Sensibilität, auf negative Veränderungen zu reagieren.
4. Anderseits haben die vielen Klein- und Kleinstbetriebe mit verantwortungsvollem Handeln - gerade auch im sozialpolitischen Umfeld - in der jüngsten Vergangenheit bewie-sen, dass sie auch im neuen weltwirtschaftliche Umfeld ihre Daseinsberechtigung haben. Diese KMU`s verdienen es, in Zukunft von der Politik noch besser beachtet zu werden. Dies vor allem auch im Interesse einer erspriesslichen Volkswirtschaft und des sozialen Friedens in unserem Lande.
5. Gerade der soziale Friede bedarf in der Zukunft gepflegt und bewahrt zu werden. Dafür haben sich verschiedene Ebenen zu verwenden. Einerseits wissen die Sozialpartner, also Arbeitnehmer und Arbeitgeber, nur zu gut, dass unser Wohlstand ein Kind dieses sozialen Friedens ist. Gefordert ist aber auch die Politik. Gerade im Zuge der Bilateralen Verträge und insbesondere der EU - Osterweiterung verändert sich auch in der Schweiz der Arbeitsmarkt. Der Wettbewerb wird sicher nicht kleiner.
6. Und so wären wir bei der Politik angelangt. Die Verantwortlichen in der Politik haben auf allen Ebenen dafür zu sorgen, dass die Wirtschaft sich zum Wohl aller Beteiligten weiter entwickeln kann. Es stehen bedeutende Aufgaben vor der Politik. Ich denke bspw. an die Sicherung der Sozialwerke. Mit Schnellschüssen und plakativen Ausserungen ist der Sache in der Regel nicht gedient. Vor allem bedarf es das Mitwirken al-ler massgebenden Kreise von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Eines aber ist sicher: Ohne Schmerzen wird die ganze Sache nicht ablaufen. Prioritärer Handlungsbedarf ist bekanntlich bei der Invalidenversicherung; aber auch die zweite Säule muss angepasst werden. All zu lange haben vor allem die Arbeitnehmerorganisationen vom Weggli und dem Batzen nicht nur geträumt, nein, sie ingnorieren immer noch in schönfärberischer Art und Weise die demographische und die finanzwirtschaftliche Entwicklung. So hat bspw. der Bund zwischen 1990 und 2004 sage und schreibe über 30 Milliarden Steuer-franken als ausserordentliche und zusätzliche Mittel in die Pensionskassen des Bundes eingeschossen.
7. Es hat nichts mit Planwirtschaft zu tun, wenn es Aufgabe des Staates bleibt, den Service public effiziente auszugestalten. Dort wo der Markt spielt - und die Auswüchse keine gravierend negativen sind - sollen die Mechanismen der Marktwirtschaft voll zum Tragen kommen. Oft haben allerdings Unternehmungen in den Randregionen, damit sie konkurrenzfähig sind und bleiben, erhebliche Schwierigkeiten zu meistern. (Längere Anfahrtswege, höhere Steuern, Probleme in der Rekrutierung oberer Kader, karge öffentliche Infrastrukturen usw.) Dort hat die öffentliche Hand - Bund, Kantone und Gemeinden - in der Ausübung ihrer subsidiären Verantwortung dafür zu sorgen, dass sie Bedingungen schafft, die nicht dermassen ungleiche Ellen bringen, die letztlich für die KMU in den Randregionen zum Vornherein zu Ausschlusskriterien führen.
4. Schlussbemerkung
Geben Sie mir, meine Damen und Herren, zum Schluss noch ein paar Minuten, um vom vorgegeben Thema wegzukommen zu einer grundsätzlichen Ueberlegung:
Das Unternehmertum hat sich über Jahrhunderte gewandelt, angepasst und sich immer wieder neu orientiert. Eines ist ihm dabei aber geblieben. Mit persönlichem Einsatz, den Blick nach vorne gerichtet und dem Glauben an die Zukunft haben Handwerker, Handelsleute und Dienstleistungsbetriebe sich immer wieder neu behauptet. Dabei konnten sie sich auf einen Partnerin berufen, die über alle Zeit fast unscheinbar und ohne grosses Aufsehen all die Volkswirtschaften beeinflusst hat und sie auch in Zukunft beeinflussen wird. Sie fragen sich nun, wer diese unscheinbare und doch so wichtige Partnerin ist? Ich meine die Ethik. Es gab und es gibt vor allem auch in der Wirtschaft eine Kraft, eine Macht, die nicht nur rational - nach Franken, nach Euro oder Dollar rechnet - auftritt. Es ist die Kraft der inneren Haltung der Menschen zu Leistung, Kapital, Mitarbeiter, Staat, Gesellschaft und zu sich selber. Gerade die letzten 15 Jahre mit den z. T. negativen Auswüchsen der Globalisierung haben die ethische Verantwortung des Unternehmertums wieder in einem neuen Licht erscheinen lassen. Dabei kommen die KMU gut weg. Und das mit Recht.
• Die KMU werden somit auch in Zukunft das Rückgrat der CH Volkswirtschaft sein.
• Sie werden auch in Zukunft ein verlässlicher Partner sein zu den Grosskonzernen. Sie sind als Zulieferer nach wie vor von ihnen in einem erheblichen Mass abhängig. Deshalb ist ein freundschaftliches Nebeneinander geboten.
• Sie werden auch in Zukunft ein verlässlicher Partner des Staates sein. Diese Verlässlichkeit bedarf der Gegenseitigkeit. Die staatlichen Institutionen, besonders die öffentlichen Verwaltungen etwa, sollten diese Verlässlichkeit in Zukunft noch viel mehr zu schätzen wissen.
• Sie sind ein bedeutender Teil unserer Gesellschaft. Sie fordern zu Recht unternehmerische Freiheiten. Freiheiten im Tun oder auch im Nichttun. Die Zwillingsschwester der Freiheit ist die Verantwortung. Und diese Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und dem Staat werden die KMU auch in Zukunft wahrnehmen; so wie sie es im Lauf der Geschichte immer wieder bewiesen haben.
In der Ausübung der unternehmerischen Freiheit mit dem gleichzeitigen Wahrnehmen der entsprechenden Verantwortung wünsche ich allen Unternehmen viel Glück und Erfolg.
 
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